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Flensburg: Zwischen Stillstand und Verfall?

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Flensburg: Zwischen Stillstand und Verfall?

Steckt Flensburg in einer tiefgreifenden Krise? Wir hatten das gerade als Gesprächsthema, als mich ehemalige Flensburger besuchten. Den Weg vom Bahnhof zum Nordermarkt und die anschließende Hafenrunde empfanden die Ex-Flensburger als sehr ernüchternd. Ihre Erinnerung an historisches Flair, maritime Kultur und eine lebhafte Innenstadt wurde durch Stillstand, Rückschritte und Unsicherheit ersetzt. Die Entwicklung – oder besser: der sichtbare Rückschritt – lässt mittlerweile auch viele Bürger ratlos zurück, wenn ich mich umhöre. Viele sparen sich mittlerweile sogar den Weg in die Stadt.  Worüber Flensburger mit mir sprechen:

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Die Kaikante: Eine Dauerbaustelle mit Symbolcharakter.

Seit langem ist die Kaikante ein unattraktives Thema. Der Uferbereich, vorher Aushängeschild der Stadt, ist inzwischen ein Synonym für Verschleppung und Planlosigkeit. Zäune, Baugerüste und Bagger dominieren das Bild. Statt maritimer Atmosphäre und Flaniermeile herrscht Baustellenästhetik – eine Zumutung für Anwohner und eine Abschreckung für Besucher. Der Zustand wirkt wie ein Sinnbild für den Zustand der Stadt insgesamt: Es wird viel angekündigt, doch wenig vollendet. Die Arbeiten sollen sich bis zum Jahr 2031 hinziehen. Und das nur für die eine Seite des Hafens. Warum dauert das so lange?

Ein Vergleich: Die Huajiang-Schlucht-Brücke ist eine in Bau befindliche Hängebrücke in China, die in der zweiten Hälfte von 2025 dem Verkehr übergeben werden soll. Mit einer Höhe von 625 m über den darunter liegenden Fluss Beipan Jiang wird sie die höchste Brücke der Welt sein. Geplante Bauzeit 3,5 Jahre. Am südlichen, 205 m hohen Pylon ist eine Aufzugsanlage mit zwei verglasten Kabinen vorgesehen, die die Besucher zu einem 145 m über dem Straßenniveau zwischen den Pylonspitzen eingefügten Stargazing Bar and Café befördern wird. Auch Bungee Jumping wird dort ermöglicht. Warum brauchen wir für eine sehr überschaubare Kaikante acht Jahre?

Die Innenstadt stirbt – und mit ihr das Herz Flensburgs

Die wirtschaftliche Situation der Flensburger Innenstadt ist alarmierend. Traditionsreiche Geschäfte müssen schließen, stattdessen ziehen Billiganbieter ein. Der Discounter TEDi im ehemaligen Karstadt-Gebäude scheint für viele Flensburger ein deutliches Symbol des Rückschritts. Wo früher Einzelhandel und Cafés zum Verweilen einluden, herrscht nun Leere – nicht nur in den Schaufenstern, sondern auch auf den Straßen. Manche denken noch gern an das Kaufhaus Hertie mit seinen Fachabteilungen und die Gastronomie zurück.

Der Südermarkt: Szeneplatz statt Begegnungsort

Einst ein zentraler Treffpunkt, ist der Südermarkt heute für viele Flensburger zu einem Ort geworden, den sie meiden. Die offene Drogenszene, heruntergekommene Kioske und eine zunehmend angespannte Atmosphäre lassen kaum noch Lebensqualität erkennen. Gerade abends ist der Bereich für viele kein sicherer Ort mehr – ein Zustand, der in einer Stadt mit dem Anspruch auf Tourismus und Lebensqualität kaum hinnehmbar ist. Frauen berichten mir, das Sie den Südermarkt und den Holm abends nicht mehr ohne Begleitung passieren möchten.

Stadtverwaltung: Zwischen Vision und Realität

Die Stadtverwaltung zeigt sich in ihren Aussagen ambitioniert. Die Rathausstraße solle neu belebt, die Innenstadt attraktiver gestaltet und soziale Brennpunkte entschärft werden. Doch davon ist wenig bis nichts sichtbar. Viele Bürger erleben eher ein Vakuum zwischen Ankündigung und Umsetzung.

Insbesondere der neue Oberbürgermeister hatte sich zu Amtsbeginn vorgenommen, diese Probleme aktiv anzugehen. Doch inzwischen ist seine Präsenz kaum noch spürbar. In Gesprächen mit den Flensburgern ist häufig von einem „unsichtbaren Stadtoberhaupt“ die Rede. Initiativen bleiben vage, Fortschritte schwer erkennbar. Transparenz fehlt – ebenso wie ein sichtbares Zeichen des Aufbruchs.

Ein Weckruf für Flensburg?

Flensburg braucht klare Konzepte, echte Bürgerbeteiligung und eine spürbare Stadtentwicklung. Flensburg hat das Potenzial, wieder zu einer lebenswerten, offenen und attraktiven Stadt zu werden – doch dafür muss gehandelt werden. Nicht morgen, nicht nächstes Jahr, sondern jetzt.

Wie siehst du Flensburgs aktuelle Situation und seine Entwicklung?

Text: M. Jürgensen

 

 

 

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