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Wir lassen die Pflegekräfte hängen, denen wir dankbar sein sollten

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Wir lassen die Pflegekräfte hängen, denen wir dankbar sein sollten

Ein Kommentar aus Flensburg. Laut einer Umfrage möchte jede vierte Pflegekraft in Deutschland den Arbeitsplatz wechseln. Ein alarmierendes Ergebnis. Zumindest sollten wir uns diese Zahl genau vor Augen führen, wenn wir das nächste Mal auf den Balkonen für die Pflegekräfte klatschen.

Die Bedingungen in den Krankenhäusern sind miserabel

Überlastung, schlechte Bezahlung und kaum noch Zeit, sich wirklich um die Patienten zu kümmern. Viele Befragte leiden besonders unter diesen letztgenannten Umständen, weil Sie – arbeitgeberseitig – nicht die Zeit haben, sich um unsere bedürftigen Alten und Kranken zu kümmern. Besonders intensiv ist die Unzufriedenheit bei den Intensivpflegekräften: Acht von zehn der examinierten Kräfte mit Zusatzqualifikation denken darüber nach, Ihren Job zu wechseln. (Und jetzt stellen Sie sich bitte mal kurz vor, dass dies schon geschehen wäre.)  Es sind dringende Veränderungen erforderlich, die unser Gesundheitsminister übernehmen muss. Denn genau das ist sein Aufgabengebiet. Aber der scheint sich mittlerweile einzig am Thema Corona festgebissen zu haben. Dabei gibt es so viele weitere Themen, bei denen Handlung erforderlich wäre. Wer sich mit den Daten des Intensivbettenregisters auseinandersetzt, sieht sofort, dass der Personalmangel unser mit (weitem Abstand) größtes Problem ist.

Und was machen wir? Wir ordnen eine Impfpflicht an!

Seit März gilt Sie nun bereits, die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht. Die Pflegekräfte müssen nun Impf- oder Genesenennachweise vorlegen oder durch Atteste belegen, dass sie nicht geimpft werden können. Wer das nicht kann/will, dem drohen Konsequenzen. Die Ämter dürfen Bußgelder, Tätigkeits- und Betretungsverbote verhängen. Das erscheint doch mittlerweile mehr als nur fragwürdig, Denn es ist längst bekannt, dass die Impfung nicht vor Übertragung schützt. Sie schützt auch nicht zwangsläufig vor Corona. Denn selbst geboosterte Personen erkranken zahlreich an Corona. Und landen natürlich auch in den Intensivstation. Das wissen wir mittlerweile doch nahezu alle, weil wir entweder selbst oder unsere Freunde betroffen sind/waren.

Man schützt die vulnerablen Gruppen nicht besser, wenn die Pflegekräfte geimpft sind

Grund genug also, jeden zukünftig selbst entscheiden zu lassen, ob er/sie sich impfen lassen möchte. Eine erzwungene Impfpflicht ergibt überhaupt keinen Sinn. Insbesondere nicht für medizinische Pflegekräfte, die sich bestens auskennen. Das sind lauter Menschen, die uns in den letzten Jahrzehnten zur Seite standen, wenn wir einen Notfall hatten. Die Menschen, die uns in der Notaufnahme oder im Operationssaal helfen und die sich um unsere Familienangehörigen kümmern, wenn sie gebrechlicher werden. Die uns reanimieren und beatmen, wenn wir in der ärgsten Not sind. Die uns bei unserer eigenen Geburt geholfen haben und/oder auch bei der unserer Kinder. Und was machen wir? Wir zeigen unseren herzlichen Dank, indem wir diese Menschen in die Arbeitslosigkeit katapultieren. Indem wir unseren Lebensrettern eine völlig sinnbefreite Impfpflicht aufs Auge drücken. Herzlich Willkommen in Lauterbachs Corona-Stübchen!

Ich habe die ungeimpften Pflegekräfte aus Flensburg befragt.

Zunächst möchte ich mich für die rege Teilnahme bedanken. In Gruppen bis zu zehn Personen wurde ich besucht. Ärzte, Krankenschwestern, Hebammen und auch Psychologen waren so freundlich, mir ihre Erfahrungen zu schildern. Allesamt sehr freundliche, intelligente und sympathische Menschen.

Viele von Ihnen sind seit Jahrzehnten im Dienste unserer Gesundheit tätig. Wahrscheinlich sind Sie selbst auch schon einigen dieser fleißigen Fachkräfte begegnet. Vielleicht bei Ihrem Beinbruch oder einem Herzinfarkt. Oder als sie Ihrem Kind geholfen haben, als dieses in Not war. Irgendwann kommt halt jede/r ins Krankenhaus, das ist leider nur eine Frage der Zeit. Alle Argumente, die mir seitens dieser Pflegekräfte genannt wurden, kann ich nachvollziehen. Diese freundlichen Menschen, die uns allen natürlich auch durch die Pandemie geholfen haben, sind absolut in der Lage, die Situation für sich selbst zu entscheiden. Und wir brauchen sie zukünftig dringender denn je.

Wir sollten alle froh sein, wenn sich dort jemand so beherzt um uns kümmert.

Mittlerweile geht der Irrsinn ja sogar noch weiter, so wurden unter anderem Schulbegleiter/innen den Pflegekräften zugeordnet, um sie ebenfalls in die Impfpflicht zu drängen. Genauso verhält es sich bei der Berufsfeuerwehr. Sind wir irre, dass wir wichtige Berufsfelder so drangsalieren?

Wie solidarisch sind wir wirklich?

Für mich selbst habe ich eine Entscheidung getroffen. Unsere Pflegekräfte haben Unterstützung verdient.  Ich bin diesen Menschen äußerst dankbar für alles, was sie in den letzten Jahren für uns alle geleistet haben. Wenn Menschen, die mir wichtig sind, ins Krankenhaus kommen, freue ich mich über jede Fachkraft, die diesen Menschen oder gar mir selbst hilft. Für unsere eigene Gesundheit ist es dann absolut irrelevant, ob diese Personen geimpft sind oder nicht. Ich kann es daher auch unbedingt nachvollziehen, wenn unsere Helfer für ihre Rechte auf die Straße gehen und demonstrieren.

Ich werde mich zukünftig diesen Demos anschließen, denn wir brauchen diese Fachkräfte   Und ich werde mein Bestes tun, um möglichst viele weitere vernünftige Menschen zur Teilnahme zu motivieren.

Wie steht es um Ihre Loyalität?

Text: Dr. C. Dewanger, zahlreiche medizinische Fachkräfte, Mark Jürgensen

Bildquelle: Shutterstock

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