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Betrugsmasche Corona-Test

Bildquelle: Shutterstock

Leben

Betrugsmasche Corona-Test

Tausende Corona-Testzentren bieten neuerdings ihre Dienste an, bezahlt mit Steuergeld. Betreiber der Testzentren sind Ärzte, Apotheker aber auch Fachfremde Amateure – so gut wie jeder kann eine Station eröffnen.

Die Betreiber können das System auf Kosten der Steuerzahler ausnutzen

Die Vergütung kostenloser Corona-Tests kann zu Betrug führen. Das ergeben Recherchen von NDR, WDR und SZ. Es besteht der Verdacht, dass in vielen Testzentren sehr viel mehr Tests abgerechnet werden, als sie tatsächlich durchgeführt wurden. Eine staatliche Kontrolle fehlt hier weitestgehend und niemand fühlt sich zuständig. Die Folge: hohe und unzulässige Kosten für den Steuerzahler.

Jeder kann Geld mit den Tests verdienen

Wer kostenlose Bürgertests anbieten will, braucht dazu kaum Voraussetzungen: Ein Onlinekurs über die Abstrich-Entnahme reicht vielerorts aus und schon kann man beim Gesundheitsamt einen Antrag auf Eröffnung eines Testzentrums stellen – was dann meist ohne Komplikationen auch genehmigt wird. So verzeichnete allein in Nordrhein-Westfalen Mitte März noch 1862 Teststellen, Mitte April waren es dann 5776 und Mitte Mai bereits 8735, wie das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) auf Anfrage mitteilte.

Pro Test können Teststellen 18 Euro abrechnen

Die Kosten teilen sich auf 12 Euro für die eigentliche Testung und 6 Euro für das Material auf. Dabei ist es schwer einen Überblick zu erlangen, wie viel Geld inzwischen für diese Tests ausgegeben wurde. Baden-Württemberg teilt mit, dass es im April 62 Millionen Euro waren, in Bayern waren es bis Mitte Mai mehr als 120 Millionen Euro. Verteilt wird das Geld über die Kassenärztlichen Vereinigungen, die jedoch über das Bundesamt für Soziale Sicherung jeden Euro wieder aus Steuermitteln erstattet bekommen. Weder die Gesundheitsämter, noch die Kassenärztlichen Vereinigungen, noch das Bundesamt und schon gar nicht das Gesundheitsministerium fühlen sich zuständig, zu kontrollieren, ob bei der Abrechnung alles korrekt läuft. Frei Bahn für Betrüger könnte man meinen.

Grund des Missstandes ist die Testverordnung des Gesundheitsministeriums

Nach Angaben des Rechercheverbunds haben die staatlichen Stellen offenbar keinerlei Kontrolle darüber, ob die angegebenen Tests auch tatsächlich durchgeführt wurden. Die Betreiberinnen und Betreiber der Testzentren müssen demnach weder die Daten der Getesteten übermitteln noch angeben, ob sie überhaupt Testmaterial erworben haben. Es genüge schon, wenn sie den jeweiligen Krankenkassen die Zahl der Getesteten ohne jeglichen Beleg übermitteln. Kurz danach bekommen sie dann das Geld überwiesen. Geregelt ist dies in Paragraf 7, Absatz 4 der Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums. Dort heißt es: „Die zu übermittelnden Angaben dürfen keinen Bezug zu der getesteten Person aufweisen.“

Bundesländern fehlt der Überblick

Nur wenige Bundesländer kennen die Anzahl der Bürgertests, die bei ihnen täglich stattfinden. Eines dieser Länder ist Nordrhein-Westfalen. Dort hat das Ministerium die Teststellen immerhin dazu verpflichtet, jeden Tag die Zahl der Test online zu melden. WDR, NDR und SZ haben Informationen aus dieser internen Datenbank zugespielt bekommen und konnten dadurch auch mehrere Standorte eines der größten deutschen Teststellenbetreibers, der MediCan GmbH, genauer untersuchen. Die Journalisten besuchten mehrere Testzentren des Betreibers und verglichen die dortigen Abläufe mit der internen Datenbank des Landes. Dabei zählten sie weniger Besucherinnen und Besucher als durchgeführte Tests, die anschließend an das Land übermittelt wurden. Betrug?

Bislang keine betrügerischen Fälle bekannt

Das Bundesgesundheitsministerium teilte dem Rechercheverbund mit, dass bislang keine betrügerischen Fälle bekannt geworden seien. Wenn sich allerdings Anhaltspunkte für Abrechnungsbetrug ergeben, könnten die Kassenärztlichen Vereinigungen die Fälle prüfen. Diese sehen sich dem Bericht zufolge aber dafür nicht zuständig. NDR, WDR und SZ zitieren einen nicht namentlich genannten Funktionär mit folgenden Worten: „Am Ende wird man auf die Tests schauen wie auf die Masken: Die Politik brauchte ganz dringend große Mengen, es war Wildwest, viele Glücksritter und Betrüger drängten in den Markt und es gab keine vernünftige Kontrolle.“

Rund eine Milliarde Euro Kosten – politisch fragwürdig?

Die ganze Problematik wird hier sehr deutlich. Sollten die politisch Verantwortlichen sich der Thematik nicht stellen und Gegenmaßnahmen ergreifen? Es sollte doch möglich sein, betrügerischen Praktiken vorzubeugen und der Goldgräberstimmung Einhalt zu gebieten. Besonders prekär ist zudem der Fakt, dass die Zahlungen an Teststellenbetreiber am Ende aus den Taschen der Steuerzahler stammen. Der von der Recherchegruppe zitierte Funktionär schätzt, “dass allein im Mai 50 bis 60 Millionen Bürgertests abgerechnet werden, also Kosten von rund einer Milliarde Euro entstehen.“

23 Testzentren in Flensburg

Die Anzahl der Testzentren in Flensburg ist seit Beginn der am 8. März von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) veröffentlichen Testverordnung auch gestiegen. Mittlerweile gibt es in unserer Stadt 23 Testzentren. Hier bleibt zu hoffen, dass bei uns alles mit rechten Dingen zugeht und diese lediglich dem Wohle der Bevölkerung dienen, ohne jegliche Profitgier.

Text:L.Maunus

Quellen:

https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/corona-schnelltest-zentren-101.html

https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-05/corona-schnelltest-testbetreiber-betrug-anfaellig-abrechnung-testzentren?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/corona-schnelltests-testzentren-in-der-grauzone-17352825.html

https://www.flensburg.de/Aktuelles/Corona-Portal/Schnelltests/

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