Leben
Stadtwerke Flensburg – Schimmel oder Schulden?
Wie eng wird es im kommenden Jahr für uns? Das ist eine der zentralen Fragen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Und natürlich blicken auch viele Unternehmer sorgsam in die Zukunft. Synchron zu den steigenden Preisen wachsen bei vielen die Sorgen und Ängste. „Es ist bereits sehr eng bei uns“ schilderte mir ein befreundetes Pärchen. „Die Kosten für den Wocheneinkauf tun mittlerweile schon wirklich weh, aber nun kommen auch noch die Stadtwerke obendrauf.“ Der Blick in ihre Augen verrät mir echte Sorgen. Beide sind berufstätig und sie haben zwei Kinder. Sie leben genügsam und sind alles andere als verschwenderisch.
Das neue Jahr beginnt ähnlich, wie das letzte Jahr endete- mit drastischen Preiserhöhungen.
Im Oktober teilten die Stadtwerke zunächst die neuen Strompreise mit, vor einigen Tagen folgten nun auch die Preiserhöhungen bei der Fernwärme. „Mein Preis ist gerade von rund 93 Euro auf 166 Euro gestiegen. Das begann schon im April des letzten Jahres, vorher lag der Preis noch bei 82,46 Euro.“ schilderte mir ein Arbeitskollege zum Jahreswechsel. Unfassbare und auch besorgniserregende Zahlen, wie ich finde. Die Kosten der Fernwärme haben sich also innerhalb eines Jahres schon mehr als verdoppelt.
Erleichterung durch den Preisdeckel des Bundes – ein Placebo-Effekt?
Im Gießkannenprinzip greift nun der Preisdeckel, der die Preiserhöhungen augenscheinlich mildern soll. Im eben benannten Beispiel meines Arbeitskollegen bedeutet das eine Senkung der 166 € auf 95 € Euro. Das wirkt zunächst erleichternd, aber machen wir uns da nicht etwas vor? Denn die Stadtwerke werden ja nicht auf ihre Einnahmen verzichten. Der Preisdeckel stammt aus unseren Steuerleistungen und wird so letztlich von uns selbst bezahlt (außerdem gilt er nur für 80 Prozent des Verbrauchs). Schlimmer erscheint es mir jedoch, dass die Preissteigerung der Flensburger Stadtwerke durch die Preisgleitklausel kommt. Sie erinnern sich vielleicht noch an die fragwürdige Formel, die bis heute keiner versteht? Die Preissteigerung resultiert NICHT aus der realen Geschäftslage. Es geht hier um satte Gewinne des Unternehmens.
Geht es überhaupt noch um uns Bürger/innen?
Sie müssen wissen, dass die Stadtwerke – vereinfacht gesagt – Bürgerstadtwerke sind. Sie gehören uns. Die Stadt Flensburg ist 100%-Eigentümerin der Stadtwerke. Es gibt keine Aktienkonzerne, Privatinvestoren oder andere Unternehmen, die beteiligt sind. Das bedeutet, dass die Stadtwerke nur das machen müssen, was die Stadt wünscht. Sie müssen keine Gewinne erwirtschaften, um Dividenden zu bedienen oder Aktienkurse zu stützen. Die Stadtwerke müssen nur so viel einnehmen, dass die Kosten gedeckt sind und die Instandhaltung der Anlagen und Netze gesichert ist.
Aber natürlich hat die Ratsversammlung als Chef der Stadt Wünsche: Sie möchte mehrere Millionen jedes Jahr an Gewinnabführung haben, um den eigenen Haushalt aufzubessern – auch wenn es die Finanzlage nicht rettet. Und als neuen Wunsch gibt es die CO2-Neutralität. Natürlich wird die viel Geld kosten, das wir als Verbraucher bezahlen müssen. Aber es stellt sich die Frage, ob man sich im Rathaus wirklich ausreichende Gedanken über die sozialen Folgen gemacht hat. Ein Freund, der sich diesbezüglich schriftlich an die Gremien wandte, erhielt jedenfalls keine Antworten. (Ausnahme Flensburg WÄHLEN!) Kein Wunder: denn faire Preise wurden in Beschlüssen nur gerade so eben noch als Unternehmenszielvorgabe aufgenommen und stehen für die Politik an letzter Stelle. Attraktive Arbeitsplätze, Gewinnerzielung oder Dekarbonisierung (weg von der Kohle) wurden deutlich höher priorisiert.
Und diese Entscheidung werden einige von uns zukünftig schmerzhaft zu spüren bekommen.
Text: M. Jürgensen
Bildquelle: Shutterstock