Leben
Wenn nicht jetzt, wann dann?
In vielen Ländern werden die Corona-Maßnahmen gelockert oder ganz zurückgenommen, wie beispielsweise in Dänemark. In Deutschland hingegen zeigt man sich unnachgiebig. Der baden-württembergische Ministerpräsident und Hardliner Winfried Kretschmann sieht bis Mitte April keine Möglichkeit für ein Ende der Corona-Beschränkungen. Auch Virologe Christian Drosten warnt vor Lockerungen vor Ostern.[1]
42 Intensivbetten für die Omikron-Variante
Kretschmann scheint dabei jedoch den aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Institut (RKI) keine Bedeutung zu schenken. Laut dem DIVI fällt die Kurve der intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten nach unten, obwohl die Inzidenz nach oben schnellt. So waren es am 5. Februar 2022 2.274 Personen, die mit oder wegen des Virus intensivmedizinisch behandelt werden mussten. Zum Vergleich: Am 5. Dezember 2021 waren es mit 4.802 Patienten mehr als doppelt so viele. Darüber hinaus dürften die eigentlichen Zahlen noch geringer sein, da keine Differenzierung zwischen Covid-19-Patienten und solchen, die zwar positiv getestet jedoch wegen einer anderen Erkrankung in Behandlung sind, vorgenommen wird.[2]
Der wöchentliche RKI-Bericht zeigt, dass in den letzten vier Wochen 539 Intensivbetten mit symptomatischen Covid-19-Fällen belegt waren. Das sind gerade einmal 2,8 Prozent aller 19.210 in Deutschland belegten Intensivbetten. Für die derzeit kursierende Omikron-Variante wurden nur 42 weitere Betten benötigt.[3]
Mehr als 18.000 belegte Betten frei von Covid-19
165.000 Intensivbetten wurden bislang coronabedingt gebraucht.[4] Welche Krankheiten bringen die Intensivstationen an ihre Grenzen? Im Jahr 2019 wurden beispielsweise mehr als 450.000 Patienten aufgrund von raucherbedingten Krankheiten stationär behandelt. Dabei leiden mehr als 200.000 Patienten, verursacht durch das Rauchen, an verschiedenen Arten von Krebs. Lungen- und Bronchialkrebs war beispielsweise im Jahr 2019 die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.[5]
„Worauf warten wir noch?“, fragt Lungenspezialist Thomas Voshaar, der sich im Bethanien-Krankenhaus in Moers täglich mit den Folgen der Corona-Pandemie befasst. Er und viele andere Spezialisten fordern, dass umgehend zur Normalität zurückgekehrt werden muss. Wer jetzt nicht öffnen will, sollte sich fragen, was eigentlich noch fehlt, so Voshaar.[6]
Text. Momme K.
Bild: Shutterstock
[1] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/regierungspressekonfernz-baden-wuerttemberg-100.html
[2] https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen
[3] RKI: Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-19 (COVID-19), 03.02.2022 – aktualisierter Stand für Deutschland
[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1108578/umfrage/intensivmedizinische-versorgung-von-corona-patienten-covid-19-in-deutschland/#professional
[5] https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/124183/Deutlich-mehr-Menschen-wegen-Raucherkrankheiten-im-Krankenhaus-behandelt
[6] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus236705927/Corona-Regeln-Forderung-zur-Normalitaet-Worauf-warten-wir-noch.html?