Connect with us
.

Bahnhofswald Flensburg: Zwischen Bauvorhaben und Baumhäusern

Leben

Bahnhofswald Flensburg: Zwischen Bauvorhaben und Baumhäusern

Wenn man die Flensburger Bahnhofsstraße entlang der Post hinauf geht, fällt einem auf der rechten Seite ein Stück Wald auf, das einem früher wahrscheinlich nicht direkt ins Auge gestochen wäre. Seit Anfang Oktober sind an und in diesem Waldstück, dem Flensburger Bahnhofswald, Menschen vor Ort, die sich für dessen Erhalt einsetzen. Vielmehr sind es auch diese Menschen, die durch Stände, Plakate und Baumhäuser die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich ziehen und dem Wald so eine Stimme geben.

Was droht dem Wald, wenn er nicht erhalten bleibt?

Die Antwort ist recht einleuchtend: Die Zerstörung. Nicht so schnell ersichtlich hingegen sind die Hintergründe.

JARA Immobilien plant die Umgestaltung der Bahnhofsgegend zum „Zentrum Bahnhofsviertel“ – so der Projekttitel. Bestandteil dieses Projekts sind der Bau eines Hotels mit dazugehörigem Parkhaus. 50 Mio. Euro Investitionsvolumen, 100 direkte neue Arbeitsplätze, 152 Hotelzimmer und 320 neue Parkplätze. Das alles auf einer 2 Hektar großen Fläche zwischen Post und Bahnhof, genau dort wo sich auch der Bahnhofswald befindet. Der Konflikt wird nun deutlich.

Chronik der Geschehnisse

Das Bauvorhaben begann im April 2017 mit der Beauftragung einer Architektengruppe. Im Juni dieses Jahres stimmte dann der Planungsausschuss der Flensburger Kommunalpolitik mit 10 zu 6 Stimmen dem Satzungsbeschluss des Bebauungsplanes zu. Damit schien die Sache nun entschieden und der Weg für den Bau frei. Der in den 3 Jahren geführte Interessenkonflikt zwischen Umweltschützern und Investoren konnte nicht gelöst werden, sodass am 1. Oktober mit Beginn der Rodungssaison nun die Baumbesetzer anrückten. In 4 jeweils ca. 2-stündigen Schichten pro Tag wird der Wald aktiv aus den Bäumen heraus bewacht, Präsenz am Wald sei jedoch 24/7 vorhanden, berichtet ein Aktivist. Kürzlich haben sich unter dem Namen „Flensburg in Bewegung“ nun auch unterschiedliche Bürgerinitiativen zusammengefunden, alle mit dem Ziel den Bahnhofswald zu erhalten.

Rodung oder vereinzelte Baumentnahme?

Der Bebauungsplan für das JARA-Projekt sieht die sogenannte Entwidmung des Waldes vor, wodurch der Wald de facto kein Wald mehr wäre. Notwendig ist das, da ansonsten keine sogenannte Entnahme von Bäumen, die dem Bau im Weg stehen, erfolgen kann. Die Investoren betonen, dass der Biotopverbund des Waldes aber auf jeden Fall erhalten bleiben soll, auch das Waldstück als solches kaum beeinflusst werde, sogar möglicherweise eine Aufwertung erfahren würde. Von den großen alten Linden, die wesentlicher Bestandteil des Biotops sind, soll lediglich ein Baum mit einem Stammdurchmesser von 60 cm. entnommen werden. Alle anderen Bäume, die entfernt werden, weisen einen Durchmesser von unter 32 cm. auf und seien deutlich jünger, argumentieren die Investoren. Zum Ausgleich soll das Parkhaus begrünt werden und Aufforstungsmaßnahmen in weit höherem Ausmaß als die Baumentnahme an anderer Stelle erfolgen.

Klingt ja gar nicht nach einer wirklichen Bedrohung für den Bahnhofswald, entspricht aber nicht der Wahrheit, argumentiert hingegen die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg, die sich für den Erhalt einsetzt. Tatsächlich würde das meiste Grün beseitigt werden. Vor allem wenn man die Bäume in die Berechnung mit einbezieht, die mindestens so groß sind, wie die geplanten Neuplanzungen, würde man auf mehrere hundert Bäume kommen. Hört sich doch schon mehr nach einer Rodung an. Hinzu käme, dass die Neuaufforstung Jahrzehnte bräuchte, um einen dem Bahnhofswald vergleichbaren Lebensraum zu bilden, der dann auch noch außerhalb der Stadt läge und nichts mehr zur innerstädtischen Lebensqualität beitragen würde.

Es bleibt spannend

Das letzte Ereignis in diesem Konflikt ist nun ein Widerspruch gegen die genehmigte Entwidmung des Waldes. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland hat den 17-seitigen Widerspruch Mitte des Monats eingereicht. Sollte dieser Wirkung zeigen, würde der Bauantrag neu gestellt werden müssen und das Spiel von vorne beginnen.

Der Konflikt bleibt folglich spannend und ein Baubeginn ist noch nicht abzusehen.

Quellen: https://bahnhofsviertelflensburg.wordpress.com/ , https://www.bahnhofsviertel-flensburg.de/

Text: L. Maunus

Bild: Shutterstock

Continue Reading
Weitere Beiträge...

Mehr Leben

.
To Top