Leben
Einkommensschwache Familien leiden am meisten unter Corona-Maßnahmen
Während es zum ersten Lockdown im Frühjahr 2020 einige Studien gibt, ist die Zeit der Maßnahmen ab November 2020, als die Bedingungen verschärft wurden, kaum erforscht. Die Autoren einer Studie des ifo Institutes München legen ihr Augenmerk deshalb bewusst auf einkommensschwache Haushalte mit Kindern, da die vorhergehenden Studien für diese Gruppe die größte Belastung feststellten. Dazu wurden 2216 Eltern im Zeitraum von Mitte bis Ende November 2020, als sich Deutschland im verordneten zweiten Lockdown befand, befragt.
Familien mit weniger als 3000 Euro
Ausgewählt wurden dabei Familien, deren Haushaltsnettoeinkommen unter 3000 Euro monatlich lag und deren minderjährige Kinder zuhause leben. Die Maßnahmen beeinträchtigten den Berufs- und Schulalltag der Familien stark. Bei einem Drittel der Familien war das Geld am Ende des Monats knapper als vor der Krise. 7 Prozent der Familien verzichteten aus Geldnot sogar auf Mahlzeiten. 19 Prozent erhielten Mahnungen wegen verpasster Zahlungen, 10 Prozent konnten die Rechnungen überhaupt nicht bezahlen. Jeweils 5 Prozent der Befragten geben an, dass sie ihre Wohnung gar nicht oder weniger heizten und dass sie Besitztümer verkaufen oder verpfänden mussten. 14 Prozent der Familien mussten Geld von Freunden oder Verwandten leihen. In der Summe sind 41 Prozent der Befragten von mindestens einer dieser Situationen betroffen gewesen.
„Besonders betroffen sind Familien unterhalb der Armutsgrenze, Familien mit nur einem berufstätigen Elternteil und Eltern, die nicht im Homeoffice arbeiten können“, sagt ifo-Forscher Benjamin Arold. Geldsorgen bei Einkommen unterhalb der Armutsgrenze seien für mehr als die Hälfte der Familien spürbar.
Familien unter der Armutsgrenze
Als Armutsgrenze werden hier 60 Prozent der Median-Einkommen, also des mittleren Einkommens eines Haushalts mit der gleichen Personenanzahl definiert. Bei 2 Eltern mit 2 Kindern entspricht das 2400 Euro monatlich.
29 Prozent der Befragten gaben an, Mahnungen wegen nicht bezahlter Rechnungen erhalten zu haben. 18 Prozent mussten einen teuren Überziehungskredit in Anspruch nehmen, 15 Prozent verzichteten auf Mahlzeiten, 21 Prozent mussten Geld von Verwandten oder Freunden leihen, 15 Prozent gaben an, sie hätten Sachen verkaufen oder verpfänden müssen und ebenso viele konnten gar nicht oder weniger heizen. Im Schnitt gaben etwa 45 Prozent an, sie könnten sich weniger Dinge leisten als vor der Pandemie, oberhalb der Armutsgrenze waren es 37 Prozent, bei den Einkommen unterhalb der Armutsgrenze schon über die Hälfte.
Gegenlenken der Regierung und Aussicht der Forscher
Die Autoren der Studie schreiben: „Ein drastischer Anstieg des Armutsrisikos und der Einkommensungleichheit in Deutschland konnte unter anderem durch die von der Bundesregierung im Jahr 2020 beschlossenen Corona-Zuwendungen, wie z.B. dem Kinderbonus über 300 Euro und dem steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, weitgehend verhindert werden. Auch von der Ausweitung des Kurzarbeitergeldes konnten besonders einkommensschwächere Familien profitieren. Unsere Ergebnisse zeigen, dass trotz dieser Maßnahmen gerade vulnerable Gruppen von stärkeren finanziellen Einschränkungen während der Coronakrise berichten.“ Einige der Zuwendungen würden zudem im Jahr 2020 und 2021 auslaufen oder würden verringert. „Abhängig vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie könnten weitere Ausgleichsmaßnahmen nötig werden, um die finanzielle Situation einkommens-schwächerer Familien zu verbessern.“, so die Autoren weiter.
Quellen: