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Bald kein Billigfleisch mehr bei ALDI: Marketing oder realistisch?

Bildquelle: Shutterstock

Leben

Bald kein Billigfleisch mehr bei ALDI: Marketing oder realistisch?

Aldi verbannt Billigfleisch aus seinem Sortiment. Der Discounter will bis 2025 vollständig auf Fleisch aus der Stallhaltung Kategorie 1 verzichten. Auch Edeka zieht nach. Funktionieren kann das ganze jedoch nur, wenn der ganze Kreislauf aus Politik, Erzeugern, Abnehmern und Konsumenten bereit ist, deutlich mehr Geld in die Hand zu nehmen.

Was Aldi ändert

Vor kurzem kündigte der Discounter Aldi an, sein Versprechen für mehr Tierwohl wahrzumachen und das Billigfleisch von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten bis 2025 komplett aus seinem Sortiment zu nehmen. Fleisch aus der billigen Stallhaltung mit der Kategorie 1 soll es bis 2025 nicht mehr in den Aldi Supermärkten zu kaufen geben. Bis zum Jahr 2030 will man bei Aldi nur noch Frischfleisch aus den Haltungen 3 und 4 anbieten. In diesen Haltungsformen haben die Tiere Zugang zu frischer Luft, mehr Platz und bekommen kein gentechnisch verändertes Futter. Der Marktanteil von Aldi Nord und Süd beträgt derzeit etwa 24 Prozent beim Verkauf von Fleisch. „Wir leiten mit unserem Tierwohlversprechen einen Haltungswechsel ein“, so Lars Klein, der Marketingchef von Aldi Süd gegenüber dem Tagesspiegel. „Tierwohl soll im Handel selbstverständlich und für jeden leistbar sein“. Aber man schaffe diesen Wechsel nicht allein, betonte Klein. Deshalb bittet er die anderen Marktteilnehmer diesem Beispiel zu folgen.

Edeka zieht nach

Auch der Marktführer Edeka, zudem ebenfalls die Nettomärkte gehören, gab kürzlich den Verzicht auf die Haltungsform 1 bekannt. So betonte ein Sprecher von Edeka auf Anfrage des Tagesspiegels: „Auch der EDEKA-Verbund plant bereits kurzfristig auf die Haltungsstufe 1 und längerfristig auf die Haltungsstufe 2 bei Frischfleisch zu verzichten“

Richtungsweisende Veränderung?

Um den Erzeugern einen ausreichenden Vorlauf zu geben, sei der Umstieg schrittweise geplant. Bereits heute sind 15 Prozent des angebotenen Frischfleischs bei Aldi aus den Haltungsstufen 3 und 4. Bis zum Jahr 2026 will man diesen auf das doppelte steigern. Aber auch die Politik, die Industrie und die Verbraucher sind wichtig, um mehr Wohl für die Tiere durchzusetzen, ohne sie wird das Vorhaben scheitern.

„Aldi zeigt der Politik, wohin die Reise gehen sollte“, so Thomas Schäfer, der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Nun müssen andere diesem Schritt folgen.“ Auch Rolf Sommer, der Agrarexperte des WWF, sagte gegenüber dem Tagesspiegel: „Wir begrüßen das sehr. Die Gesellschaft fordert einen Wechsel in der Landwirtschaft und viele Landwirte sind bereit, die Produktion umzustellen.“

Radikale Veränderungen für die Landwirtschaft

Die meisten Landwirte in Schleswig-Holstein halten ihre Tiere in Stufe eins oder zwei. Um auf eine höhere Haltungsstufe zu kommen, müsste Thorben Lucht aus Barlt (Kreis Dithmarschen) für noch mehr Platz sorgen. Also entweder die Fläche erweitern – oder weniger Tiere halten. Außerdem bräuchten die Tiere dauerhaft Zugang zur Außenluft. „Für meinen Betrieb bedeutet das, dass wir hier ein Loch in die Wand machen müssten und draußen einen Auslauf bauen. Das wäre für mich eigentlich die sinnvollste Variante, um Haltungsstufe drei hinzubekommen.“, so Lucht gegenüber dem NDR. Das hingegen würde große neue Investitionen in seinen Stall bedeuten, den er erst vor einigen Jahren für knapp unter 1 Million Euro gebaut hat. Fraglich für ihn ist, ob die neuen Investitionen sich auszahlen würden. Zudem sind die genauen Anforderungen, die Aldi an seine Zulieferer stellt bisher nicht bekannt. „Ich kann am Ende auch sagen, meine Schweine werden von irgendeiner Person gestreichelt, wenn das gefordert wird. Dann machen wir das halt, überhaupt kein Problem. Aber es muss bezahlt werden.“, so Lucht.

Auch Landwirtschaftskammer skeptisch

Veränderungen wie die Umbauten auf die Außenklima-Haltung müssten langfristig geplant werden. Auch der Bauernverband würde sich ein „langes Zeitfenster“ für die Veränderungen wünschen. Doch die Zeit bis 2030 ist kurz. So können allein Genehmigungsverfahren für Umbauten Jahre dauern, sagt Vizepräsident Dietrich Pritschau. Auch die Frage bezüglich Immissionen bleibt ungeklärt, denn wenn Ställe geöffnet werden, um Auslauf zu ermöglichen, kommen Nachbarn schnell in den Genuss der Gerüche. „Viele Ställe sind im Dorf und die Nicht-Landwirte sind dichter an die Höfe ran gerückt. Es wird wirklich zwangsläufig zu Konflikten in den Dörfern kommen“, sagt Pritschau dem NDR.

Handlungsbedarf in der Politik

Supermark-Ketten können erste Impulse setzten und Vorgaben schaffen, Bauern können dann Beginnen nachzuziehen. Letztendlich bleibt es aber an der Politik, klare Regelungen zu schaffen. Das passiert aber nicht.

Der Landwirt Thorben Lucht drückt es gegenüber dem NDR sehr gut aus: „Die gesamte Kette vom Verbraucher bis zum Landwirt muss sich einig sein, dass wir mehr Geld ausgeben wollen für die Schweinehaltung und dann funktioniert es. Schwer ist das nicht, wir müssen nur mehr Geld ausgeben.“

Quellen:

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/haltungswechsel-fuer-mehr-tierwohl-aldi-will-billigfleisch-aus-sortiment-verbannen/27363332.html

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Tierwohl-Landwirte-unter-Zugzwang,fleisch592.html

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