Leben
Ferry-Tales: Auf einmal Flensburger
Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich erst 5 Jahre alt war, als ich mit meiner Familie nach Flensburg kam. Meine Mutter hatte ihr Studium abgeschlossen und nahm einen Job – ausgerechnet in der nördlichsten Stadt Deutschlands – an. Aus irgendeinem Grund hatte ich die Vorstellung, dass es dort permanent eiskalt sei. Endlose Schneestürme. Und alles sieht aus, als wäre es mit einem blauen Alaska- Filmfilter gedreht worden. Für die Game of Thrones-Fans: Ich dachte damals, wir ziehen in das Gebiet nördlich der Mauer!
Zu meinem Glück sah die Realität anders aus. Und das Klima war zwar kühler und verregneter als in Hannover, aber es war eindeutig weniger arktisch als gedacht. Und statt Pinguinen gab es halt Möwen satt.
Komische Namen habt ihr!
Ich werde niemals vergessen, wie es war, als ich in den Kindergarten und in die Schule kam. Und zum ersten Mal diese typisch norddeutschen Namen hörte. Alder….was zum Teufel war denn bitte ein „Hauke“? War das ein richtiger Name?? Und was für ein Tier soll denn eine „Rieke“ sein? Ebenfalls verstand ich so manche Redewendung nicht. Alle sagten permanent „SÜNDE“, wenn einem was Schlimmes passierte. Ich fragte mich nur, ob es nicht schon schlimm genug war, dass Hauke wegen seines Augenpflasters mit der Birne gegen den Torpfosten donnerte? Jetzt war er also auch noch ein Sündiger. Und womöglich würde Gott ihn auch noch zusätzlich bestrafen. Schlimme Sache!
„Ich SOLL in die Stadt“
…war auch so‘n Ding für mich.
Was Ihr Norddeutschen nicht alles so sollt, obwohl es Euch keiner befohlen hat. Ich sollte immer nur mein Zimmer aufräumen und meine Hausaufgaben machen. An die andere Bedeutung musste ich mich gewöhnen. Keine Frage!
Moin.
Gut, bevor man umzieht, informiert man sich „so‘n bisch‘n“. Und dass die Norddeutschen „Moin“ sagen, weiß man ja zumindest bis Hamburg. Meine Großmutter mütterlicherseits – oder wie wir sagten: „Omma“ – weil sie ausm tiefsten Pott kam, hatte vom norddeutschen Moin im Leben noch nix gehört. Vor meinem geistigen Auge sehe ich immer noch, wie sie nach ein paar Tagen (zu Besuch in Flensburg) vor uns stand und sagte: „Irgendwie sind hier alle komisch! Die wünschen mir hier alle immer einen guten Morgen. Auch nachmittags und abends?!“ Sie hatte eben nicht mehr die besten Ohren und hat halt statt „Moin“ dann immer „Morgen“ verstanden. Was ja bekanntlich die Kurzform von „Guten Morgen“ ist. Köstlich!
Flensburger 4 Life
Nun bin ich mittlerweile Mitte 30.
Bin, obwohl ich hier nicht geboren bin, hier in den Kindergarten und zur Schule gegangen, habe hier studiert, gejobbt und gearbeitet. Ich habe hier oben meine tolle Frau (übrigens ein Flensburger Original) kennengelernt und meine Kinder bekommen. Und Freunde fürs Leben gefunden. Ich mag die Menschen, den trockenen, nordischen Humor, den Slang und das Städtchen sehr. Und wenn man mal ehrlich ist, haben wir es hier verdammt gut. Wer kann schon behaupten, in zehn Minuten an drei verschiedenen Stränden zu sein und permanent Luft zu schnuppern, wofür andere Burnout simulieren und ne Kur beantragen müssen?
Sollte ich jemals aus irgendeinem Grund mal hier wegziehen, so würde ich mich trotzdem für immer und ewig als Flensburger bezeichnen.
In diesem Sinne….Moin Moin!
Text: Ferry Dicy
Bild: shutterstock