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Stadtwerke-Preisdrama: Flensburgs enttäuschende Politiker

Leben

Stadtwerke-Preisdrama: Flensburgs enttäuschende Politiker

Seit unseren letzten Artikeln zu den Stadtwerken und der aktuellen Energieversorgungspolitik ist viel geschehen. Falls Sie noch nicht zum Lesen kamen, finden Sie die Verlinkungen am Ende dieses Artikels. Die Berichte erzielten nicht nur unglaubliche Reichweiten und sorgten für zahlreiche Zuschriften von Flensburgern, ehemaligen Gaskunden und besorgten Betroffenen. Kurz darauf reagierten auch ortsansässige Parteien, wie SPD und SSW

Wir können sie nur nicht ernst nehmen

SPD und SSW fordern nun zu prüfen, wie ein Teil der Stadtwerke-Gewinne an die Fernwärmekunden zurückgegeben werden kann. Es ist zwar verständlich, dass im herannahenden Wahlkampf versucht wird, ein soziales Profil zu zeigen – nur ernst nehmen kann man es nicht.

Vertreter beider Parteien sind seit Jahrzehnten in den Aufsichtsgremien der Stadtwerke (Aufsichtsrat und Hauptausschuss als Gesellschafterversammlung sowie Ratsversammlung als oberstes Organ). Sie haben in den 2000ern eine absurde Expansionspolitik der Stadtwerke mitgetragen, die Millionen gekostet, uns Bürgern aber überhaupt nicht genützt hat. Die Vertreter der WiF brauchten ab 2008 mehr als ein Jahr, um vom Irrsinn des eingeschlagenen Kurses zu überzeugen und die Stadtwerke wieder auf das Kerngeschäft zu konzentrieren.

Vertreter beider Parteien haben in diesen Gremien entsprechend die Einführung der Preisgleitklausel unterstützt, die nun ihren Teil zu den Gewinnen beiträgt. Dr. Christian Dewanger (ehemaliger Stadtpräsident) hatte bereits im Oktober letzten Jahres alle Fraktionen angeschrieben und auf die Folgen dieser Preisformel (übermäßige Gewinne, Verschuldungszunahme der Bürgerinnen, Entkoppelung vom realen Geschäft) hingewiesen. Reagiert haben SPD und SSW (wie auch Grüne, CDU, Linke und Bündnis soziale Stadt) gar nicht. Nicht mal eine Eingangsbestätigung erhielt er. Keine seiner Fragen wurde beantwortet.

Vertreter beider Parteien dürften in diesen Gremien bereits in 2022 über den anstehenden Geschäftsbericht und die Planungen für 2023 – also auch die Gewinne – informiert worden sein.

So ist es zumindest gängige Praxis, seit vielen Jahren. Sie hätten also die Forderung nach einem sozialen Ausgleich nicht nur stellen, sondern sogar beschließen lassen können. Sie begnügten sich aber mit einem Sozialplan (u.a. mehr Förderung der Tafeln, Härtefallfonds usw.). Ihre jetzigen Forderungen stehen daher im Widerspruch zum vorangegangenen Schweigen. Sie stehen auch im Widerspruch zum Klima-Begehren-Beschluss der Ratsversammlung, dessen Umsetzung ganz wesentlich auf die Gewinne angewiesen ist. Doch auch bei der Klimarettung durch die Stadtwerke geht es den Fraktionen scheinbar nicht um Pragmatismus und soziale Verträglichkeit.

Es wirkt wie populistische Ideologie.

Wir möchten betonen, dass wir das Ziel klimaneutraler Energieversorgung teilen.  Wir wünschen uns nur eine vernunftbasierte statt einer ideologiegetriebene Umsetzung. Und ganz klassisch stellt die SPD nur die Forderung nach einer Prüfung auf (der SSW schließt sich an), anstatt konkret zu sagen, wie es geschehen soll. Das „WIE“ ist hierbei das Problem. Die Gewinne in 2023 sind ja nur erwartete Gewinne, ob sie so kommen, wissen wir ja tatsächlich erst in 2024. Vorher wäre auch eine Rückgabe an die Kunden daher nicht möglich.

Das nützt den Menschen jetzt aber gar nichts.

Die Stadtwerke können die Preise nicht mehr einfach ändern, da diese durch die Preisgleitklausel automatisiert definiert werden. Direkte Gewinnausschüttungen eines Unternehmens an Teile seines Kundenstammes (die Stromkunden tragen ja auch zum Gewinn bei, bekommen aber laut Prüfforderung, die explizit die Wärmekunden nennt, nix) wären ein Novum, juristisch also fraglich. Sozial engagierte Kommunalpolitiker hätten dies bereits bei der Planung der Preisgleitklausel breit diskutiert und diese dann besser erst gar nicht zugelassen. Aber die Ratsversammlung hat sich scheinbar erst gar nicht mit dem Thema – trotz seiner enormen Bedeutung – befasst. Dies wurde uns auch von Ratsmitgliedern bestätigt

Und so wollen SPD und SSW mit ihren jetzt laut vorgetragenen Forderungen einfach nur vom eigenen vorangegangenen Versagen ablenken.

Reiner Populismus.

Wir drücken Ihnen dennoch fest die Daumen, dass sie eine Lösung finden.

Hier können Sie die vorhergehenden Artikel zum Thema lesen:

Stadtwerke Flensburg – Schimmel oder Schulden?

Stadtwerke Flensburg – Goldrausch am Westufer

Text: Dr. Christian Dewanger & Mark Jürgensen
Bildquelle: Shutterstock

 

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